Vom Jahr 1900 bis zur Auflösung am 24. September 1934
1900
am 25. Februar brachten die Mitglieder O. Starcke, Schindler, Julius Starcke sen., Teichgräber, Menzel, Tuschner und Georg Wagner den Antrag ein, auf die Tagesordnung nächster Versammlung zu setzen: Besprechung der Verhältnisse der Weinbaugesellschaft, eventuell Wahl einer Kommission zum Entwurf von Statuten (da zur Zeit die Akten nicht vorhanden waren), Reorganisation des Vereins, Vermögensregulierung. Darauf legte am 8. Mai 1900 Dr. Rudloff sein Schriftführeramt nieder. Am 15. Mai 1900 legte das einzige noch vorhandene Vorstandsmitglied, der Kassierer, Herr Stadtrat Walther, sein Amt nieder und es wurde ein neuer Vorstand gewählt: 1. Vorsitzender wird Herr Rentier Fritz Teichgräber, Stellvertreter Herr Amtsgerichtsrat Gleser-Weißenfels, Schriftführer Kaufmann Otto Starcke, Kassierer Kaufmann Richard Limburg.
Am 6. Juli 1900 fand der erste Besuch der königl. Rebschulen Zscheiplitz, Lopitzsch, Pödelist statt, unter Führung des königl. Obergärtners Herrn Bebber.
1901
am 1. März wurde für den ausgeschiedenen Vorsitzenden neu Herr Tuschner gewählt.
Danach folgt ein Sonderpunkt in einer vertraulichen Sitzung: Aussprache über Fachangelegenheiten, sowie Anregung zur Unterschrift der Petition gegen den Fang und den Handel deutscher Singvögel.
Schließlich dankt Herr Schindler sen. Herrn Teichgräber für seine Geschäftsführung. Die Anwesenden erheben sich zum Zeichen des Einverständnisses von Plätzen.
Es folgen bis 1909 nun regelmäßige Berichte über den Fortgang der Rebveredelungen, Besuche in den Staatsanlagen, und Neuanlagen von Julius Starcke, sowie regelmäßige Vorträge des Herrn Bebber über alle Gebiete des Weinbaus und regelmäßige Jahresberichte, die der Handelskammer, dem Landrat und der Presse zugeschickt werden.
1907
am 21. Februar wurde, da Amtsgerichtsrat Gleser ein Vorstandsamt nicht wieder annahm, Herr Schindler zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
1909
am 13. März wurde für den verstorbenen Herrn H. Tuschner Herr Starcke Vorsitzender und Herr Alfred Tuschner Schriftführer.
1910 berichtete Otto Starcke:
„Am 29. Juni beging die Weinbaugesellschaft die Feier ihres 75-jährigen Bestehens. Die Mitglieder und Gäste, ca. 20 Personen, darunter Landrat Freiherr von Schele und Bürgermeister Reißbrodt, versammelten sich am Schlachthofe und fuhren in fünf bereitstehenden Wagen nach dem bei Rossbach gelegenen Weinberge der Firma Julius Starcke, wo eine Besichtigung unter fachmännischer Führung stattfand. Zuerst wurden von den veredelten amerikanischen Reben die 1910er jungen Veredelungen im offenen Frühbeet gezeigt, dann folgten die 1909er, 8er, 7er, 6er, 5er, 4er und die 1902er Anlagen die in gutem Zustande und je nach ihrem Alter in mittleren bis guten Behang befunden wurden. Aber auch der übrige Berg d.h. die noch vorhandenen unveredelten deutschen Rebbestände befriedigten in ihrem Aussehen. Es ist das um so erfreulicher, als diese Weinberge im vergangenen Jahre durch Wolkenbruch und Hagel arg gelitten haben. Nach dieser Besichtigung wurden die Wagen wieder bestiegen und die Fahrt ging weiter im Saaletale an den Weinbergen entlang bis zu den Saalhäusern. Sie bot Gelegenheit im Vorbeifahren sich über den allgemeinen Zustand der dortigen Weinberge zu unterrichten. Nach kurzer Kaffeepause wurde die Fahrt fortgesetzt zum goldenen Adler in Almrich. Hier wurden die Teilnehmer auf Kosten der Weinbaugesellschaft mit einem Abendessen und Naumburger Wein bewirtet. Der Vorsitzende der Weinbaugesellschaft Weinhändler Otto Starcke hielt dabei einen Vortrag über die Geschichte der Naumburger Weinbaugesellschaft. Auf die neueste Zeit übergehend, erwähnte er noch, dass der Bericht über die Verhandlungen usw. der letzten 10 Jahre, im Protokollbuch 88 vollgeschriebene Seiten einnehmen.
Das Vereinsvermögen ist jetzt auf über 1000 Mark angewachsen. Er schloss mit dem Hinweis darauf, dass die Gesellschaftskasse in den letzten Jahren durch die kleinen Abendessen, wie sie früher alljährlich Brauch waren, nicht soviel in Anspruch genommen worden ist, und dass es daher möglich sei, das 75jährige Bestehen der Weinbaugesellschaft in opulenter Weise zu feiern.“

Otto Starcke mit Frau
1. Vorsitzender von 1909 bis zu seinem Tode 1929
Am 10. Dezember 1910 folgt der Jahresbericht durch Otto Starcke.
Unter anderem vermeldete er: den Rebanlagen wurden durch Hagel und Unwetter arg zugesetzt. Der Winter hat sich bis in das Frühjahr hinein verzögert. Trotzdem war die Qualität der Trauben noch eine mittlere.
1911
Schreiben an die Handelskammer wegen Überschwemmung des Marktes mit sogenannten Bordeaux – Weinen, der nicht aus Trauben gemacht ist. Als Schriftführer wird Herr Tuschner für die Jahre 1911-1913 gewählt.
1912
am 22. März, Jahresbericht Versammlungsort ist die „Hopfenblüthe“
Der Königl. Obergärtner Herr Bebber sprach über: „Düngung im Weinberg“ und „Schmarotzer im Weinberg“.
1913
der Jahresbericht erfolgte am 5. März.
Das Buch endet mit einem Verkostungsprotokoll.
1913-1934
Bedingt durch Krieg, Tod im Krieg, Revolution, Nachkriegsereignisse, Inflation, Verkauf von vielen Weinbergen an auswärtige Besitzer, war eine Arbeit der Weinbaugesellschaft kaum noch möglich.

Weinwerbung aus dem Jahre 1927
Auf Einladung der Herren L. Schindler,
Rich. Limburg und Max Schumann (Kösen vorm. Saalhäuser)
zu einer Versammlung der Mitglieder der Weinbaugesellschaft
am Montag d. 24. September 1934, wozu nachfolgend genannte Herren erschienen,
(in Eckardts Weinstube).
Anwesend: Wilhelm Dathe, Willi Wagner, Franz Lutze, Moritz Eckardt, Paul Krüger (Bad Kösen), Max Schumann (Bad Kösen), Louis Schindler, Richard Limburg,
verhindert: Hermann List, Gustav Menzel
Nach kurzer Begrüßung heißt der stellvertretende Vorsitzende Herr L. Schindler die Herren willkommen und erteilt Herrn Limburg zu nachstehenden Ausführungen das Wort:
Wir haben Sie zu der heutigen Versammlung eingeladen und wie Sie ja alle wissen, ist unsere Gesellschaft in einem Stadium der Auflösung, nachdem sie im nächsten Jahr (Siehe Protokoll 29.6.1910) ihr 100jähriges Bestehen würde feiern können. Es sind seit dem Jahre 1914, also mit Beginn des großen Krieges, keine Beiträge mehr erhoben und Versammlungen nicht abgehalten. Die Wirkung des Krieges und der Inflation mit seinen verheerenden Einflüssen auf die ganze wirtschaftliche Lage sind ja an keinem spurlos vorübergegangen. Aber dies nicht allein, der Weinbergsbesitz der Umgegend, der sich früher wohl größtenteils in den Händen der Naumburger Bürger befand, zeigt jetzt ein ganz anderes Bild. Mit ganz wenig Ausnahmen ist derselbe in fremde, auswärtige Hände übergegangen, denen weniger am Weinbau, sonder mehr am Sommersitz gelegen ist, und haben viele unserer Mitbürger die Gelegenheit benutzt den nicht gerade rentablen Besitz abzustoßen.
Ich möchte hierbei gleich noch unseren, überaus tätigen, 1929 verstorbenen Vorsitzenden Otto Starcke (Firma Julius Starcke) gedenken, dessen Musterberg im vergangenen Jahre nun auf andere Hände übergegangen ist. Er war der eigentliche Kämpe (Kämpfer, Krieger) für den hiesigen Weinbau.
Im Großen und Ganzen ist ja auch unsere Gesellschaft, nachdem die staatl. Weinbauverwaltung die Belange der Weinbauern in die Hand genommen hat und diese in ganz anderer Weise vertritt, überflüssig geworden.
Von den hier versammelten ist nur Herr Eckardt und außerdem wäre noch die Firma Hoeltz zu erwähnen, deren Berge noch mustergültig sind.
Aus all den vorerwähnten Gründen und aus Mangel an Mitgliedern aus Naumburger Mauern schlagen wir Ihnen vor, die Gesellschaft aufzulösen.
Mit allen anwesenden Stimmen wird die Auflösung beschlossen
und vorgeschlagen und genehmigt durch ein solennd (festlich, feierlich) Abendessen aus der Kasse, wie in früheren Zeiten, der Weinbaugesellschaft einen anständigen Abschluss zu geben.
Der Rest, des durch die Inflation bedeutend zusammengeschrumpften Vermögens soll zur gleichanteiligen Verteilung gelangen. Der Vermögensbestand besteht aus dem Sparkassenbuch Nr.: 6373 der Stadt-Sparkasse inklusive Zinsen über 225,40 Mark. Die beiden vorhandenen Protokollbücher sollen gelegentlich dem Stadt-Museum zur Aufbewahrung übergeben werden.
Anmerkung:
Ab dem Jahre 1934 wurden in Deutschland alle Vereine aufgelöst und politischen Organisationen angeschlossen. Am 4. April 1933 erfolgte die Zwangsrekrutierung aller Landwirtschaftlichen Organisationen zu einem agrarpolitischen Apparat. Am 20. Februar 1934 auf dem Reichsbauerntag in Weimar, wird der nationalsozialistische Führungsanspruch in der Agrarpolitik festgelegt.
Vermutlich erfolgte die Auflösung der Weinbaugesellschaft um solch einem ähnlichen Schicksal zu entgehen.